Apple hat nicht unbedingt den Ruf, seine Plattform für die Welt zu öffnen, sondern eher die Produkte gegen potenzielle Konkurrenten abzuschotten. Sowohl im Computermarkt (MacOS läuft offiziell nur auf Apple-Rechnern) als auch im Online-Musikmarkt (iPod der iTunes voraussetzt) und jetzt im Handy-Markt (iTunes zur App-Installation, Applikations-Verteilung / -Zulassung durch Apple etc.).
Bessere User-Experience durch Walled Gardens?
Ein Grund dafür ist die Wahrung der User Experience also der Nutzererfahrung, die das Unternehmen besser beeinflussen kann, wenn 100%ig klar ist, auf welcher Hardware das Betriebssystem läuft. Frickelei und Unerfahrenheit der Anwender führen schnell dazu, dass der Betriebssystem-Hersteller „Schuld“ an Problemen ist, die der Benutzer damit hat. Das hat sich bei Microsofts Windows oft genug gezeigt, auch wenn das Unternehmen viele Probleme selbst verursacht hat.
Gleicher Fehler zum zweiten Mal?
Bei Sitepoint (englisch) fragt man sich, ob die Verschlossenheit, die Apple an den Tag legt, dieses Mal funktionieren kann. Dieses Mal? Ja, schon damals als Apple mit dem Mac das erste mal die Personal Computer Welt hätte an sich reißen können, wurde dem Unternehmen die Verschlossenheit zum Verhängnis, wie Slate.com-Kolumnist Farhad Manjoo dort zitiert wird:
In the 1970s and ’80s, Apple created the first great personal computers. But because Apple closed its platform, it was IBM, Dell, HP, and especially Microsoft that reaped the benefits of Apple’s innovations,” wrote Manjoo recently in an article on Slate.com. “The Mac’s operating system ran only on Mac computers; Windows ran on lots of lots of different companies’ hardware. This made non-Apple computers both cheaper than Apple’s machines—competition between hardware manufacturers pushed down prices—and more useful, as third-party developers flocked to write must-have programs for Windows. Apple seems to be following a similar restrictive strategy with the iPhone.”
oder sinngemäß auf Deutsch:
„In den 1970ern und ’80ern hat Apple die ersten großartigen Personalcomputer gebaut. Aber weil Apple seine Plattform verschossen hat, haben IBM, Dell, HP und besonders Microsoft die Lorbeeren für Apples Innovationen eingeheimst.“ […]
„Das Mac Betriebssystem lief nur auf Mac Computern; Windows hingegen lief auf der Hardware verschiedenster Hersteller. Das hat nicht-Apple-Computer sowohl billiger als Apple-Maschinen gemacht – der Wettbewerb zwischen Hardware-Herstellern reduzierte die Preise – als auch nützlicher, weil Dritt-Hersteller wichtige Programme für Windows entwickelten. Apple scheint eine ähnlich restriktive Strategie mit dem iPhone zu verfolgen.“
Trotzdem muss man sagen, dass Apple in den letzten Jahren aus geschäftlicher Sicht einfach so viele Dinge richtig gemacht hat, dass es der Konkurrenz offenbar schwerfällt, dagegen anzukommen. Wer daran Zweifel hat, der sollte sich einmal die Zahl der Mac- und iPhone-Nutzer im Bereich der oft zitierten „Early Adopters“ anschauen. Diese Masse hat das Zeug dazu, sich in den nächsten Jahren stärker auszuwirken, als eine heutige hohe Zahl von Otto-Normal-Nutzern mit PC-System.
Auf dem Handy-Markt ist gerade mindestens so viel Bewegung wie damals bei der Aufteilung des Computer-Markts. Niemand kennt die weitere Entwicklung in diesem Bereich oder kann diese sicher voraussagen, das ist es ja gerade, was das Spiel so spannend macht.
Konkurrenz am Horizont
Es hat eine ganz Weile gedauert, bis auch nur ein entferntes ernstzunehmendes Echo auf die Apple iPhone Einführung erschallt ist: Modelle wie z.B. das T-Mobile G1 mit Android oder das in der ersten Hälfte des nächsten Jahres erscheindende Nokia N97 mit Symbian S60 sind da vermutlich nur der Anfang.
Die Veränderungen, die Nokias‘ Kauf von Symbian und die Öffnung in Richtung Open Source oder die Entwicklung der Android-Plattform durch Google innerhalb der Open Handset Alliance mit angeschlossendem Android Market zur Distribution passender Applikationen hervorrufen werden, sind bisher nur zu erahnen.
Also: der Zimtstern Keks ist noch nicht gegessen!
Mich freut diese gesamte Entwicklung, da es endlich den Weg hin zur weit verbreiteten und selbstverständlichen Internet-Nutzung – auch ohne „richtigen Computer“ – ebnet.
Wie geht es weiter im weltweiten Betriebssystem- / Telefon-Poker? Eure Meinung?
Zum Thema iPhone: Ich habe nun mittlerweile eine Menge iPhone-Benutzer kennengelernt (alle mit hoher IT-Erfahrung). Sie sind damit halbwegs zufrieden. Ein sehr großer Teil derer hätte sich das iPhone nicht gekauft, wenn es nicht per "Jail-Break" möglich gewesen wäre, weitere Programme zu installieren, die Apple nicht anbietet. Vielen missfält die Kontrolle Apples über das iPhone.
Zum Thema Apple: Ja, sicherlich hat Apple eine Menge richtig gemacht. Aber ich muss sagen, Apple macht auch eine Menge falsch. Den größten Wachstumsanteil schöpft Apple momentan aus den Benutzern, die von Windows (dank Vista) zu OS X wechseln. Trotz Benutzung von OS X sind es immer noch typische Windows-Nutzer, auch wenn sie alles schick und einfach finden werden. Ein gewisses Verhalten und bestimmte Erfahrungen bleiben trotzdem erstmal hängen. Was die Politik Apples betrifft, vermitteln man den neuen Benutzern das gleiche Gefühl, wie damals unter Windows (Microsoft).
Wenn sich also erstmal der Effekt, dass alles schön und toll ist, eingestellt hat und alltäglich wird, dann werden andere Erfahrungen die tägliche Arbeit bestimmen. Auch Apple-Hardware und -Software ist nicht perfekt. Man muss regelmäßig hunderte von Megabyte an Updates herunterladen und installieren. Reboots gehören zum Standardverhalten. Damals war OS X als System, welches nur selten gebootet werden musste bekannt. Mittlerweile wird der Einsatz von Antiviren-Software empfohlen, was Apple selbst zunächst behauptet und dann schnell wieder verneint. Damals war OS X als virenfreies System bekannt.
Es wird irgendwann hoffentlich Ernüchterung eintreten. Nicht bei den puren Apple-Fans, die das System seit Jahren benutzen. Sondern eher bei den Windows-Wechslern, den sogenannten Otto-Normal-Benutzern.
Dass sich Apple nicht öffnet, ist meiner Meinung nach ein falscher Schritt. Boot Camp wurde nur entwickelt, weil es bereits zu viele Hacks gab, Windows auf einem Intel-Mac zu installieren. Apple wollte das dann lieber selbst unter Kontrolle haben. Teilweise waren die Treiber der Boot Camp-CD sogar besser als unter OS X. Gerüchten zufolge soll sich daran ein wenig geändert haben. Wäre ja auch doof, wenn Apples eigene Windows-Treiber besser als unter OS X sind. Dass Safari, iTunes und Quicktime unter Windows nicht so gut laufen, wie unter OS X, ist auch nicht immer damit zu begründen, dass OS X so verdammt viel besser ist. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Meine Meinung: Wäre toll, wenn OS X bald offiziell auf beliebiger x86-Hardware läuft. Dann kann ich es endlich in einer VM nutzen. Mein Ubuntu brauch ich dann nur noch bei Kernel-Updates neu booten (was sich auch bald ändern soll).