Dass die Regeln der Gema im Lauf der Zeit an die veränderten Nutzungs-Szenarien angepasst werden müssen, leuchtet ein. Wie das derzeit geschieht, sieht allerdings alles andere als „einleuchtend“ aus. Bei Golem ist zu lesen:
Wenn das Amazon-MP3 also von der Festplatte des heimischen Desktop-PCs auf eine externe Festplatte kopiert wird, welche im Club genutzt wird, so ist diese Kopie zu bezahlen.
Aus Sichtweise der Gema ist das durchaus nachvollziehbar und neben dem Problem der Nachweisbarkeit vielleicht auch praktikabel. Es geht jedoch noch weiter:
Wichtig ist der Gema dem Bericht zufolge stets der einzelne Kopiervorgang. Die Rechteverwerter sagten De:Bug auch ausdrücklich, dass bei einem Crash einer Festplatte das Kopieren einer Musiksammlung aus einem Backup auf eine neue Festplatte wieder neue Lizenzzahlungen erforderlich macht.
Hier ist noch deutlicher Nachbesserungsbedarf, da das an der tatsächlichen Nutzungs-Realität (Laptop-Festplatte geht kaputt und die neue Platte muss mit dem gleichen Song-Material neu bespielt werden) komplett vorbei geht.
Wer etwas mehr Zeit hat, kann sich das im Detail durchlesen. Das von Golem herangezogene Interview, das De:Bug mit einer Gema-Mitarbeiterin führte, ist sehr erhellend:
Debug: Zur gestern vom GEMAdialog veröffentlichten Aussage über einen neuen Laptop-Kauf:
“Wie ist das bei der Anschaffung eines neuen Laptops? Müssen wir alles lizenzierte wieder neu lizenzieren? Ein bereits für die Vervielfältigung lizenziertes Vervielfältigungsstück/Werk muss nicht erneut lizenziert werden, wenn es auf einem anderen Datenträger kopiert wird – sofern die bisherigen Vervielfältigungsstücke/Werke nicht weiter zur öffentlichen Wiedergabe verwendet werden.”
Entnehme ich dem, dass dann eben alle Tracks doch erneut lizensiert werden müssen, die man weiter spielen möchte?
Reindlmeier: Ja, das ist richtig.
Debug: Ist es also generell so, dass bei der Zerstörung einer Datei z.b. durch Festplattencrash das Backup dann erneut oder im Fall von legal erworbenen Kopien erstmals lizensiert werden muss?
Reindlmeier: Ja, das ist richtig.
Oha!
Es geht nicht darum, eine Regelung zu schaffen, durch die sich DJs mithilfe einer „Backup-Klausel“ an den Zahlungen vorbeimogeln können. Aber ein einmal gekaufter und für die Aufführung bereitgestellter Song bleibt immer noch der gleiche Song – auch wenn er zehn mal von einem Backup für den Aufführungs-Rechner bereitgestellt wird.
Da die Zahlung jährlich pro für die Aufführung bereitgehaltenem (bzw. besser: bereitgestelltem) Song erfolgen soll (13 Cent) erschließt sich auch nicht, warum der Kopiervorgang an sich schon lizenzpflichtig sein soll: entweder wurde ein Song im aktuellen Jahr irgendwann für Aufführungen bereitgehalten, oder eben nicht.
Der Teufel steckt im Detail: ein Song, der legal erworben aber nie auf eine andere Festplatte bewegt oder kopiert wurde, erfordert bei Aufführung keine zusätzliche Lizenzzahlung. Hier unterschiedet die Gema im Interview sehr genau zwischen Umbewegen auf dem selben Laufwerk und Umbewegen auf einen anderen Datenträger…
Mir scheint, die Gema hat sich zwar die technischen Gegebenheiten genau angesehen, ignoriert aber (bewusst?) die Praxis im Umgang mit digitalen Gütern wie MP3-Dateien. Das Umbewegen einer Musik-Bibliothek von einem Ort an einen anderen (größere Festplatte), sollte keine erneute Lizensierung notwendig machen.
Davon abgesehen wird es selbst mit Überprüfung durch Stichproben schwer nachzuweisen sein, ob und wie oft eine Song-Datei von einem Backup wieder auf den Aufführungsrechner gespielt wurde.